Menschenrechte zählen auch im Sport
Sport, so heißt es, verbindet Menschen über alle Grenzen hinweg. Ausgehend von diesem Prinzip halten sich Sportverbände traditionell zurück, wenn es um politische Themen geht. Doch immer wieder geraten sie hier in Zugzwang. Die antirassistischen Streiks in den Sportligen der USA im Zeichen der „Black Lives Matter“-Demonstrationen sind dabei nur eines von vielen Beispielen, die Themen wie Rassismus und Menschenrechte auf die Agenda der Sportverbände setzen. Über die Rolle von Corporate Social Responsibility und Athletenvereinigungen diskutieren am 22. November Mathias Habersack (Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München), Sylvia Schenk (Transparency International Deutschland, Menschenrechtsbeirat der FIFA), Johannes Herber (Athleten Deutschland e.V.) and Christoph Becker (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
Eines der Grundprinzipien der olympischen Charta lautet, den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung der Menschheit zu stellen, um eine friedliche und der Wahrung der Menschenwürde verpflichtete Gesellschaft zu fördern. Mehr und mehr verfestigt sich indes der Eindruck, dass Prinzip und Praxis auseinanderdriften: Während olympische Spiele und Weltmeisterschaften autokratischen Regimen als Bühne dienen, wollen sich Verbände politisch nicht einmischen. Versuchen Athlet*innen wiederum, Missstände in Politik und Gesellschaft offen anzusprechen, werden sie ihrerseits an die Neutralität des Sports erinnert: „Shut up and dribble.“
Wie sehen die CSR-Modelle der Sportverbände aus?
In der Welt der Wirtschaft hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch Unternehmen für die Einhaltung der Menschenrechte Sorge tragen sollen – nicht nur in ihren eigenen Betrieben, sondern über die ganze Lieferkette von Produkten. CSR ist eine Reaktion auf die Globalisierung und wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts verstärkt zu einem Anliegen internationaler Organisationen, wie den Vereinten Nationen, der OECD und der EU. Im Kern geht es um die Anerkennung der „Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“, wie es in der EU-Strategie der europäischen Kommission zur CSR heißt. Auch Sportverbände sind Adressat*innen entsprechender Verpflichtungen. In ihren Satzungen halten sie fest, die Menschenrechte zu fördern sowie Diskriminierungen jeder Art zu bekämpfen.
Wie gehen sie mit politischen Stellungnahmen um?
Sollten Sportler*innen nicht das Recht haben, zumindest dann, wenn ihre Verbände nicht selbst auf die Einhaltung von Menschenrechten pochen, Verstöße gegen diese Rechte anzuprangern und Abhilfe zu fordern? Auch deshalb haben im Oktober 2019 Athletenvereinigungen aus mehreren Staaten das International Olympic Committee (IOC) aufgefordert, die Charta um ein olympisches Grundprinzip zur Achtung und Förderung anerkannter Menschenrechte zu erweitern. Das deutsche Mitglied dieser Initiative, der 2017 gegründete Athleten Deutschland e.V., hat sich zum Ziel gesetzt, die Rechte und Interessen seiner Mitglieder im Wege der Verbandsklage gegenüber dem IOC und anderen Sportverbänden durchzusetzen.
Die Interessenvertretung verbindet sich mit der Frage nach Möglichkeiten und Grenzen politischer Stellungnahmen, die sich aktuell vor allem im Kontext der „Black Lives Matter“-Bewegung bewegen. Sie wird – zusammen mit der Weiterentwicklung des CSR-Modells für Verbände – auf dem diesjährigen Hamburger Sportrechtssysmposium zu erörtern sein. Das Symposium, das vom Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik mitorganisiert wird, findet sowohl als Präsenzveranstaltung am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg als auch als Online-Veranstaltung statt. Während der Veranstaltung werden Video- und Fotoaufnahmen gemacht.