Rentenreform, radikal | Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik - MPISOC
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15.05.2020 / Sozialrecht

Rentenreform, radikal

An der Notwendigkeit einer Reform der Rentenversicherung bestehen wenig Zweifel. In einem Artikel in der FAZ (20.3.2020) und nachfolgend auf SWR 1 (15.5.2020) benennt Prof. Ulrich Becker, Direktor am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, vier entscheidende Punkte für eine nachhaltig finanzierte und auf Ausgleich bedachte Alterssicherung in Deutschland.

 

Einer der zentralen Punkte ist ein Ausgleich im System. Versicherten mit überdurchschnittlichem Einkommen könnten relativ weniger Entgeltpunkte, schlecht Verdienenden mehr zugemessen werden. Anders als bei der Grundrente käme dieser Ausgleich allen Versicherten mit unterdurchschnittlichen Verdiensten zugute und könnte auf fragwürdige Differenzierungen verzichten. Eine Umverteilung innerhalb des Rentenversicherungssystems würde auch mehr materielle Gleichheit herstellen. Denn wer in vermögenden Haushalten lebt, lebt in der Regel länger. Eine umgekehrt entgeltbezogene Differenzierung von Rentenanwartschaften korrigiert daher soziale Ungleichheiten, die im bestehenden System faktisch zu einer Umverteilung von unten nach oben führen.

Nach Ansicht von Prof. Becker sind auch bessere rentenrechtliche Bewertungen von Zeiten vorübergehender Arbeitslosigkeit und von verschiedenen Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit erforderlich, insbesondere zugunsten der Pflege von Angehörigen, aber auch zur Ermöglichung beruflicher Bildung. Darüber hinaus sei die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung diskussionswürdig. Die Vermeidung von Armut sollte jedoch primär einem steuerfinanzierten, bedürftigkeitsabhängigen Sicherungsnetz in der Form der Sozialhilfe überlassen bleiben.