Wie lassen sich Unterschiede in der Verwaltungsdigitalisierung über Ländergrenzen hinweg erklären? Dies ist die zentrale Fragestellung dieses Forschungsprojekts, das mit einem Minerva Fast-Track Fellowship der Max-Planck-Gesellschaft gefördert wird. Richtet sich in der gegenwärtigen Debatte zur Digitalisierung der Blick oft nach vorn, wirft dieses Projekt einen Blick zurück in die Geschichte und erörtert mögliche historische Erklärungsansätze für länderspezifische Unterschiede in der Digitalisierung öffentlicher Infrastrukturen. Gegenstand der Untersuchung ist die Digitalisierung im Wohlfahrtsstaat, mit Schwerpunkt auf der Transformation wohlfahrtsstaatlicher Verwaltungen seit den 1970er Jahren. Das Projekt will aufzeigen, dass die heute so viel diskutierte Digitalisierung von einer historischen und vergleichenden Betrachtung profitiert, wenn sie an Tiefenschärfe gewinnen will. Digitalisierung wird hierbei als technologischer, rechtlicher und gesellschaftspolitischer Prozess verstanden. Es sollen deshalb sowohl die hiermit verbundenen rechtlich-institutionellen Veränderungsprozesse als auch relevante gesellschaftspolitische Diskurse untersucht werden. Der Schwerpunkt auf die Digitalisierung im Wohlfahrtsstaat erklärt sich daraus, dass insbesondere im sozialstaatlichen Kontext die fundamentalen Spannungsverhältnisse und Herausforderungen der Digitalisierung erkennbar werden – etwa in Fragen des Sozialdatenschutzes aber auch hinsichtlich der Kommunikation im Bürger-Staat-Verhältnis. In den Blick genommen werden im Rahmen der Projekts vor allem die zwei großen Säulen des Wohlfahrtsstaates: Die Alterssicherung und das Gesundheitswesen. Die Studie geht historisch-vergleichend vor und betrachtet mit Deutschland, Dänemark und Großbritannien drei Länder, in denen jeweils sehr unterschiedliche staatsstrukturelle, institutionelle und sozio-kulturelle Rahmenbedingungen vorlagen und die seit den 1970er Jahren teils sehr unterschiedliche Prozesse der Digitalisierung durchlaufen haben.
Das primäre Forschungsoutput wird eine Monografie sein, das die zentralen Ergebnisse der Studie zusammenfasst. Darüber hinaus ist das Ziel, in einem historischen peer-reviewed Journal einen vergleichenden Aufsatz über Visionen und Narrative für die Verwaltungsdigitalisierung auf Regierungsebene in den 1990er Jahren zu veröffentlichen.