Zeiten von Katastrophen sind Zeiten des Entschädigungsrechts. Wer unverschuldet einen Schaden erleidet, wird versuchen, einen Ausgleich zu erhalten; und Staaten können sich verpflichtet fühlen, Hilfe zu leisten. Unter welchen Bedingungen aber sind Staaten verpflichtet – oder zumindest bereit –, eine entsprechende rechtliche Verantwortung zu übernehmen? Die COVID-19-Krise hat diese Frage neu aufgeworfen. Um Antworten zu geben, ist es nicht nur notwendig, ein systematisches Verständnis von sozialer Entschädigung zu gewinnen, sondern auch die rechtlichen Grundlagen der Staatshaftung zu rekonstruieren.
Die Aufgabe der Rechtswissenschaft besteht darin, ein konsistentes „öffentliches Entschädigungsrecht“ zu entwickeln, das sowohl die im Grundrechtsschutz wurzelnde Staatshaftung als auch die im Sozialstaatsprinzip begründete soziale Entschädigung umfasst. Umfassend aufgearbeitet wurde das soziale Entschädigungsrecht in einer gleichnamigen Monographie (Nomos 2018) sowie mit Blick auf die Corona-Pandemie in einem Beitrag für das „Handbuch des Infektionsschutzrechts“ (Beck 2021). Mit Blick auf die COVID-19-Krise lässt sich daraus schlussfolgern: Wenn ein Staat eine rechtliche Verantwortung für die wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Pandemie übernimmt, indem er Ersatz für krisenbedingte Schäden und Verluste gewährt, ist dies nicht beliebige „Billigkeit“, sondern die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung aus dem Sozialstaatsprinzip. Als Basis dafür darf nicht nur das Haushaltsrecht dienen, sondern müssen ausreichende gesetzliche Grundlagen geschaffen werden.