Digitale Technologien tragen zu neuen Geschäftsmodellen und neuen Formen von atypischen Beschäftigungen, wie Crowdwork und Work on Demand via Apps bei. Die sich verändernde Arbeitswelt stellt mit ihren neuen Arbeitsmustern das Normalarbeitsverhältnis als Grundlage für die Systeme der sozialen Sicherheit infrage und vergrößert die bestehenden Deckungs- und Sicherungslücken. Während der Bedarf an sozialer Sicherheit wächst, wird das Sozialversicherungssystem in seinen Möglichkeiten geschwächt.
Die soziale Sicherung ist in der sich verändernden Arbeitswelt bereits Gegenstand zahlreicher soziologischer, wirtschaftswissenschaftlicher und politischer Studien und Veröffentlichungen, wohingegen es bisher nur wenig sozialrechtliche Forschung gibt. Ziel des Projekts ist es, diese Lücke zu schließen. Das Projekt basiert auf zwei innovativen Schwerpunkten. Zum einen wird die sozialrechtliche Perspektive in den Blick genommen. Das Projekt analysiert die sozialrechtlichen Auswirkungen der Arbeitsmarktveränderungen im digitalen Zeitalter und befasst sich mit den Herausforderungen, die sich durch diese Veränderungen für die soziale Sicherung ergeben, wobei die Plattformarbeit im Mittelpunkt steht. Zum anderen zeichnet sich das Projekt vielmehr durch einen ganzheitlichen Ansatz aus, der neue Erkenntnisse über die Zukunft des Sozialschutzes im digitalen Zeitalter systematisiert. Da dieser Ansatz auf einem Rechtsvergleich basiert und länderübergreifende Perspektiven mit einschließt, trägt das Vorhaben zu dem eher allgemeinen Thema der Entwicklung von Wohlfahrtsstaaten bei und beleuchtet gleichzeitig das gemeinsame europäische Kernverständnis des Wohlfahrtsstaatsbegriffs. Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, neue Erkenntnisse zu gewinnen, wie ein “Sozialrecht 4.0” auszusehen hat.
Das gesamte Vorhaben konzentriert sich auf die beiden wichtigsten Fragen, die mit der sozialen Sicherung in einer digitalisierten Welt zusammenhängen und die gleichzeitig auf die beiden dringlichsten Problemfelder verweisen, die sich als Folge der Digitalisierung für den Arbeitsmarkt ergeben: der Zugang zum sozialen Schutz und seine zukünftige Finanzierung. Dabei werden Innovationen geprüft: Lösungen und Mechanismen zur Gewährleistung der sozialen Sicherheit und deren Finanzierung. In diesem Zusammenhang werden verschiedene nationale Ansätze vergleichend analysiert. Auch wenn es in allererster Linie die Aufgabe der Staaten ist, ihre Sozialsicherungssysteme anzupassen, werden grenzübergreifende Fragen im digitalen Zeitalter immer bedeutender. Deshalb schließt das Projekt die gegenwärtige und zukünftige Rolle der Europäischen Union mit ein.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik vom 12.-13. Dezember 2019 in München eine internationale Tagung ausgerichtet. Die Veranstaltung wurde von der Fritz Thyssen-Stiftung finanziert. Wichtigstes Ergebnis dieses Forschungsprojekts ist ein grundlegendes Buch, das Ende 2020 im Nomos Verlag erschienen ist.