Verträge verpflichten Einzelpersonen zu einem zukünftigen Vorgehen und schaffen bei den Parteien ein Gefühl der Anspruchsberechtigung. Besteht eine Vertragslücke, sind die Pflichten und Rechte der Parteien nicht eindeutig: Während sich die Leistungserbringer/innen oft berechtigt zur Vertragsverletzung fühlen, sieht sich die andere Partei im Recht, die versprochene Leistung zu erhalten. Die Rechtslücke führt zu Streitigkeiten, Verunglimpfung und Vergeltungsverhalten, wenn sich eine der Parteien übervorteilt fühlt. Rechtsmittel bei Verstößen sind dann geeignet, nicht nur die Leistungserbringung zu gewährleisten, sondern auch die Verärgerung der Leistungsempfängerseite zu minimieren, Vergeltungsmaßnahmen zu reduzieren und so den Frieden in der Gesellschaft zu erhalten.
Dieses Projekt beinhaltet im Kern ein Laborexperiment, das untersucht, unter welchen Umständen Vergeltungsmaßnahmen angekündigt werden und inwieweit die Gewährung von Schadensersatz Vergeltungsmaßnahmen abwehren kann. Im Experiment nahmen die Teilnehmer/innen die Rolle eines Verkäufers oder Käufers ein und interagierten wiederholt, wobei die Verkäufer Entscheidungen trafen, die entweder zu einer Verletzung oder Aufrechterhaltung des Vertrages führten. Die Käuferseite wiederum kündigte an, den Vertrag im Falle eines Verstoßes durchzusetzen und gleichzeitig Vergeltungsmaßnahmen gegen die verletzte Partei zu ergreifen. Die Ergebnisse zeigen, dass Normen der Fairness eine grundlegende Rolle dabei spielen, wie die Parteien auf Verstöße reagieren, da die Käuferseite nicht jeden Verstoß gegen eine vorherige Vereinbarung bestraft hat. Sie bestrafte Verstöße eher, wenn der Verkäufer davon profitierte und das Ergebnis eine ungerechte Verteilung der Gewinne aus dem Handel darstellte. Weder die Enttäuschung der Erwartung noch die Ineffizienz des Ergebnisses führten jedoch zu Vergeltungsmaßnahmen. Zudem konnte Schadensersatz Vergeltungsmaßnahmen enttäuschter Käufer erfolgreich abwehren und vermied so hohe Wohlfahrtsverluste durch dezentrale Formen der Bestrafung von vermeintlichem Unrecht.